Jersey in Bio-Baumwolle finde ich oft. Um andere Stoffe in GOTS-zertifizierter Qualität zu bekommen, muss ich schon ein wenig mehr suchen. Und wie sieht es bei Spitze aus? Ich stellte mich auf eine längere Recherche ein, weil ich damals für mein Hochzeitskleid leider nichts gefunden hatte und daher auf Spitze aus Kunstfaser zurückgegriffen habe. Umso mehr war ich überrascht, als das Unternehmen Modespitze Plauen als Hersteller von GOTS-zertifizierter Spitze unter den ersten Suchresultaten auftauchte.
Als Dresdner Kind war mir Plauener Spitze natürlich ein Begriff, denn die Spitzenherstellung hat im Textilzentrum Sachsens feste Tradition, die sich weit über ein Jahrhundert erstreckt. Voller Neugier nahm ich den Kontakt auf und vor knapp drei Monaten besuchten mein Mann und ich die Plauener Manufaktur, in der Spitzen und Stickereien in vierter Generation zu Hause sind. Andreas Reinhardt, der Geschäftsführer, und Manja Reinhardt führten uns durch die Produktionsstätte des Familienunternehmens in vierter Generation. Ihre Leidenschaft begeisterte mich von der ersten Minute, so dass ich in einer mehrteiligen Serie über die spannenden Geschichten rund um die Spitze, deren Herstellung sowie ihre Verwendung in der Mode und im Heimtextilienbereich schreibe.
Im ersten Teil nehme ich dich mit zum Firmensitz im Plauener Stadtzentrum und den Produktionsstandort in Reißig am Nordrand der Stadt, um zu schauen wie die kunstvollen Muster der Spitze entstehen. Während Jersey gestrickt und Baumwollstoff gewebt wird, sticken für die Plauener Spitze die Nadeln einer Stickmaschine das Garn anhand eines Designs auf einen Trägerstoff, der in die Maschine eingespannt wird. Früher hat ein „Sticker” an einem Pantografen die Mustervorlage der Spitze an die Stickmaschine übertragen. Dieses System wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Lochstreifen abgelöst und heute erfolgt es digital, indem das Design in eine technische Zeichnung umgewandelt wird, anhand der der „Puncher” Stickmaschine programmiert.
Stickmaschinen, die mit mehreren Nadeln bestückt sind, tragen den Namen Mehrnadel-Stickmaschine. Diese wiederum gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. Ich habe einer Schiffchenstickmaschine im Betrieb zugeschaut, die mit zwei Fäden arbeitet. Du kannst dir die Funktionsweise vorstellen wie beim Nähen mit der Nähmaschine, bei der die Nadel den Oberfaden vertikal durch den Stoff sticht und damit den Faden aus dem Untergreifer zu einer Naht verbindet. Bei der Stickmaschine sind hunderte Nadeln eingespannt und mit Garn eingefädelt, die horizontal durch den Stoff stechen. Der Unterfaden kommt hier allerdings nicht aus einer Spule, sondern aus dem sogenannten Schiffchen und bildet mit dem Oberfaden eine fixe Schlinge. Reisst hier ein Faden, reagiert der „Gangfädler“ blitzschnell und fädelt mitunter im laufenden Maschinenbetrieb den Faden wieder in die Nadel, damit das Muster keine Fehlstiche bekommt. Somit betreut auch noch heute mindestens eine Person eine Stickmaschine für die Spitzenproduktion.
Ist ein Rapport (Musterwiederholung) fertig gestickt, wird die Stickerei von der Maschine abgenommen und zu einem Partnerbetrieb in die Textilveredlung gebracht. Dort wird mittels chemischer Verfahren der Trägerstoff (meist ein Vlies) aufgelöst und übrig bleibt die Spitze. Anders bei der Tüllspitze, hier bildet der aufgespannte Stoff (Tüll) mit dem gestickten Muster eine Einheit.
„Damit eine Spitze in GOTS-Qualität entstehen kann, wird einzig das Ausgangsmaterial getauscht. Das Verfahren bei der Herstellung bleibt gleich“ erklärt uns Andreas. So werden Garne anstatt aus Polyester z.B. aus Bio-Baumwolle für die Stickerei verwendet und bei der Tüllspitze ist der Trägerstoff aus GOTS-Tüll. Den Weg hochwertige Stickereien in Bio-Qualität herzustellen, beschreibt auch Manja in ihrem Blogbeitrag. „Die Schwierigkeit ist derzeit vor allem geeignete Partner für die Materialien wie Garne und Trägerstoffe zu finden“ ergänzt Andreas. Natürlich ist manches Material auch herausfordernd für die Stickmaschine, doch Andreas experimentiert gerne und findet dadurch immer wieder neue Kombinationen wie z.B. bestickten Bio-Jersey.
Die gesamte Organics-Kollektion stellten Manja und Andreas anfangs September auf der Munich Fabric Start vor, bei der Modespitze Plauen seit mehreren Jahren vertreten sind. Im PDF-Katalog kannst du dir die wunderschöne Spitze anschauen und anfragen. Der Aufbau eines eigenen Online-Segments für GOTS-zertifizierte Spitze ist derzeit in Planung.
Weitere Details zur Geschichte der Plauener Spitze erfährst du in Victorias Blogbeitrag. Bei mir dreht sich im nächsten Teil alles um die Verwendung der Spitze im Heimtextilienbereich. Sei gespannt!
[…] du mehr über die Spitzenstickerei und GOTS-zertifizierte Spitze lesen, empfehle ich dir den ersten Teil der Serie. Und jetzt wünsche ich dir fröhliche […]
[…] Die verarbeiteten Wäschespitzen und Naturfaserjerseys kommen von Produzenten aus Europa, einige davon konnten Elisabeth und Victoria aus der Geschäftsauflösung anderer europäischer Wäschefirmen retten und so wieder in den textilen Kreislauf einbringen. Nachhaltigkeit wird gross geschrieben, daher knüpfen beide bereits weitere Kontakte zu Spitzenproduzenten im Fair Fashion Segment wie z.B. Modespitze Plauen. […]